Die Auskugelung oder auch Luxation genannt entsteht durch einen Unfall bei dem der Patient in aller Regel auf den ausgestreckten Arm fällt und dabei versucht sein Körpergewicht abzufangen. Durch diese enorme Krafteinwirkung und die ungünstigen Hebelverhältnisse kann es passieren, dass die Muskulatur und die stabilisierenden Bänder den Kräften nicht mehr Stand halten und das Gelenk auskugelt. Bei einer akuten Luxation sollte die Einrenkung, auch Repostion genannt, nach einem Röntgenbild so schnell wie möglich und am besten unter einer kurzen Narkose erfolgen, da ansonsten Gefäß- und Nervenschäden drohen bzw. unnötige Gelenkschäden beim Einrenken.

(Bild: seitliches Röntgenbild einer Ellenbogenluxation)

(Bild: frontales Röntgen einer Ellenbogenluxation)

Direkt nach der Reposition kann der Arzt die Stabilität des Ellenbogengelenks, solange der Patient noch in Narkose ist, überprüfen und dadurch die erforderliche weitere Behandlung festlegen. Hierbei wird am besten auch ein Röntgen-Durchleuchtungsgerät verwendet um die Instabilität des Gelenkes darzustellen und zu dokumentieren. Anhand der durchgeführten Stabilitätsprüfung und den daraus gewonnenen Informationen wird abhängig des Alters des Patienten, des Anspruchs und relevanter Begleitschäden des Gelenkes die Behandlung im individuellen Fall festgelegt.

(Bild: Durchleuchtung unter seitlichem Stress eines sehr instabilen Ellenbogens nach der Einrenkung)

Zur Beurteilung der Sehnen, Bänder und Weichteile (Kernspintomographie / MRT) sowie der knöchernen Strukturen (CT – Computertomographie) stehen weitere bildgebende Verfahren zur Verfügung um das ganze Ausmaß der Verletzung zu erkennen.

Die komplexen Verletzungen sind individuell in Bezug auf Beurteilung und Therapie sehr unterschiedlich. Die Behandlung erfordert ein umfassendes Wissen und ein hohes Maß an konservativer und operativer Erfahrung des behandelnden Arztes um die bestmöglichen Ergebnisse für die Patienten zu erreichen.

Konservative Therapie

Ziel der Behandlung ist die Wiederherstellung der Beweglichkeit und die stabile Heilung der zerrissenen Bänder und Weichteile. Dementsprechend ist ein Spagat aus nicht zu viel und nicht zu wenig erforderlich. Der Ellenbogen hat eine extreme Tendenz bei zu langen Ruhigstellungen steif zu werden und bei zu früher Belastung der Bänder eine dauerhafte Instabilität zu behalten. Die richtige Mischung bringt hier den Erfolg wobei es regelmäßig Probleme in beide Richtungen gibt.

In der ersten Woche nach der Reposition macht es Sinn eine Gipsschiene zur Ruhigstellung anzulegen. Das frisch verletzte Gelenk kann in dieser Zeit etwas abschwellen und die Schmerzen gehen schneller zurück. Nach dieser Woche muss der behandelnde Arzt die Gipsschiene ablegen, ein Röntgenbild zur Stellungskontrolle des Ellenbogens machen und die Beweglichkeit des Gelenkes prüfen. Zu diesem Zeitpunkt sollte der Patient eine zufriedenstellende Beugung und Streckung ohne zu starke Schmerzen haben um die konservative Therapie erfolgsversprechend weiterführen zu können. Sollte es bei der Funktionsprüfung Auffälligkeiten geben, wie zum Beispiel starke Schmerzen oder eine ausgeprägte Unbeweglichkeit, bzw. das Gefühl von ausgeprägter Instabilität oder Einklemmungen, sollte zusätzlich zum durchgeführten Röntgenbild ein MRT zur weiteren Abklärung gemacht werden. Ergeben sich aus dieser Untersuchung Informationen die zu einer OP Empfehlung führen sollte diese binnen der ersten 14 Tage nach dem Unfall durchgeführt werden. Spätere operative Versorgung werden ansonsten durch starke Vernarbungen und Verkürzungen der Bänder erschwert und beeinflussen das klinische Ergebnis.
Im Falle einer guten Funktion des Ellenbogens kann die konservative Therapie fortgesetzt werden und die Gipsschiene durch eine Bewegungsorthese ausgetauscht werden. Jetzt sollte auch die unterstützende Physiotherapie begonnen werden um eine bestmögliche Beweglichkeit zu erreichen. Stressbelastungen auf den heilenden Bändern sollten für 3 Monate unterlassen werden.

Bei guter Funktion und stabiler Heilung sollte die Vollbelastung im Beruf/Sport nach etwa 3-4 Monaten erreicht sein.

Operative Therapie

Akute Bandverletzungen am Ellenbogen
Ist die Indikation zur OP, nach erfolgter Diagnostik mittels Röntgen, MRT bzw. CT gestellt worden führen wir den Eingriff entweder in Kombination mit einer Arthroskopie durch oder ohne, abhängig intraartikulärer Schäden wie freie Knorpelstücke. Der Nutzen der Arthroskopie liegt in der minimal invasiven Technik, in der freie Gelenkkörper schonend entfernt werden und zudem einen Überblick über das gesamte Verletzungsausmaß möglich ist.
Im Rahmen der Arthroskopie kann zudem die Instabilität des Gelenkes genau überprüft und gewertet werden, sowie bereits eingetretene bewegungseinschränkende Verwachsungsstränge entfernt werden.
Die Nähte der Seitenbandrupturen bzw. der Muskel- und Sehnenverletzungen erfolgt offen über zwei Hautschnitte (einer innen – medial und einer außen – lateral).
Es ist immer wieder überraschend wie ausgeprägt sich die Verletzung der Muskulatur darstellt. Diese präoperativ herauszufinden erfordert den Einsatz der MRT Untersuchung und führt maßgeblich zur Indikationsstellung der operativen Versorgung, denn ohne die Integrität der aktiven muskulären Stabilisatoren ist eine dynamisch geführte Gelenkbewegung mit anatomischer Gelenkzentrierung nicht möglich. Die Refixation der Seitenbänder erfolgt in aller Regel mit Ankersystemen, da diese meist direkt am knöchernen Ursprung am Oberarm abreißen. Der zusätzliche Abriss der Muskulatur wird häufig mit direkten Nähten oder Nähten durch den Knochen versorgt.
Das schwierige bei Rekonstruktionen akuter Luxationen ist die Anatomie zu verstehen und sie dementsprechend wiederherzustellen. Die Anker müssen an den anatomischen Stellen eingebracht werden an denen die Bänder entspringen. Zusätzlich zu den Nähten der zerrissenen Weichteilstrukturen kann ein stabilisierendes Kunstband eingebracht werden um eine höhere primäre Stabilität zu erreichen. Dies schützt die genähten Bänder vor Auslockerungen im Rahmen der Bewegungsübungen in der Rehabilitationsphase.

Chronische Instabilitäten am Ellenbogen
Unfälle können isolierte Zerreißungen des Innen- oder Außenbandes sein, je nach Krafteinwirkung oder sogar die komplette Luxation mit in aller Regel resultierender kombinierter Seitenbandverletzung. Die häufigsten chronisch erworbenen Instabilitäten finden wir in den Sportarten Handball, Speerwerfen, Tennis, Faustball, Volleyball, Baseball, den sogenannten Schlag- oder Wurfsportarten, wieder. In den Kampfsportarten stehen Judo, Boxen und Ringen ganz weit oben. Unabhängig der Ursache ist ein vermehrtes Gelenkspiel unter Belastung verblieben, welches durch die gelenkübergreifende Muskulatur versucht wird zu kompensieren. Je nach Ausmaß der Instabilität und Fähigkeit der Muskulatur diese zu kompensieren entstehen Schmerzen auf der betroffenen Gelenkseite in Abhängigkeit des Belastungslevels.
Das ist der Grund warum es Patienten gibt die nach einer Bandverletzung gut oder schlecht zu Recht kommen, denn jeder Patient hat seine ganz eigenes Verletzungsausmaß, seine individuelle muskuläre Kompensation und sein ganz eigenes Belastungslevel im Alltag, Sport und Beruf.
Die Entscheidung zur operativen Versorgung wird dementsprechend stets entsprechend der Beschwerden des Patienten getroffen, wenn konservative Möglichkeiten nicht mehr helfen.
Chronische Seitenbandinstabilitäten am Ellenbogen werden in aller Regel mit einer Bandplastik versorgt. Das heißt, dass ein Sehnentransplantat, gewonnen aus einer körpereigenen Sehne, als neues Innenband oder Außenband am Ellenbogen eingepflanzt wird. Wir nutzen für das Außenband in aller Regel einen dünnen Sehnenstreifen aus dem oberflächlichen Trizeps und die Gracilissehne aus dem Oberschenkel für das Innenband. Die Entnahme der Sehnen bedeuten für die Patienten keine langfristigen Nachteile und beeinflussen die Rehabilitation des operierten Ellenbogens unmerklich.
Je Fall kann es natürlich auch sein, dass sowohl die Innenseite wie auch die Außenseite des Ellenbogens betroffen ist und bei entsprechenden Beschwerden auch beide Seiten stabilisiert werden müssen. In aller Regel fangen wir in der ersten OP auf der Außenseite an in Kombination mit einer Arthroskopie um auch die intraartikulären Schäden des Gelenkes zu versorgen und nach etwa 6 Wochen dann die Innenseite. In der Rehabilitation benötigt die Außenbandplastik etwas mehr Zeit bis zur Vollbelastung nach etwa 4 Monaten als die Innenseite nach etwa 3 Monaten, so dass das Endergebnis etwa zeitgleich überlappend erreicht sein wird.
Über 6 Wochen tragen die Patienten nach einer Bandplastik eine Bewegungsorthese am Ellenbogen. Diese soll die Patienten im Alltag vor unsachgemäßen Belastungen und Tätigkeiten schützen. Im Rahmen der Physiotherapie und der eigenen
Bewegungsübungen, die direkt nach der OP begonnen werden, wird die Orthese abgelegt genauso wie für Tätigkeiten der Körperhygiene, Essen und Trinken am Tisch.